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Aus der Begründung, warum er der Einladung nicht folgen könne, wird ein ergreifender Monolog darüber, was es heute heißt, Jude in Deutschland zu sein: „Wenn ich darüber nachdenke, wie ich hinter mir selber hergelaufen bin, die ganze Zeit, wie ich mir selber über die Schulter geschaut und auf mich aufgepasst habe, die ganze Zeit, dass ich auch bestimmt alles richtig mache, damit auch ganz bestimmt keiner etwas auszusetzen haben kann – dann werde ich heute noch wütend auf meine Mutter. Und dann werde ich wütend auf mich, weil ich wütend auf sie bin.“
Doch die Verteidigungsrede des Emanuel Goldfarb umfasst weit mehr als nur seine Familiengeschichte. Sie umfasst Geschichten aus Religionen, Legenden, Anekdoten, Historisches – und ist zugleich spürbare Geschichte aus der Gegenwart. Hendrik Werner schrieb 2006 in DIE WELT: „Emanuel Goldfarb leidet, weil man sich ein Bild von ihm machen will. Ein Abziehbild, wie er mit guten Gründen befürchtet. In eine Schule hat man ihn, den smarten Journalisten, eingeladen, auf dass er den Heranwachsenden vor Augen und Ohren führe, wie er denn so ist, der gemeine Jude, wie er so fühlt, wie es ihm denn so gefällt im demokratischen und, ach, so toleranten Deutschland, sechs Jahrzehnte nach dem Holocaust. Selbstredend verfolgt der Studienrat, der Goldfarb zum Anschauungsmaterial machen will, nur politisch korrekte, sprich: philosemitische Zwecke. Aber mit dieser didaktisch vorgeblich wertvollen Zielsetzung fangen für Goldfarb die Probleme erst richtig an...“